Rocksmith 2014
von: Ubisoft
Plattform: Windows, Mac, PS3, Xbox 360
Release Date: 25.10.2013
Allgemeines
Hier liegt sie nun also vor mir, die neue Rocksmith 2014 Edition. Als begeisterter Guitar Hero-Fan und echter Gitarrenspieler (yeah, real life!), juckt es mir schon in den Fingern, dieses neueste Gitarrenspiel auszuprobieren.
Die Fragen sind: ist es realistisch zu spielen, hilft es eventuell sogar tatsächlich beim oft mühsamen Gitarre lernen und kann es genau so viel Spaß machen wie Guitar Hero und Rockband anno dazumal? Wir werden sehen!
Neben mir liegt mein Gibson-Nachbau und das mitgelieferte 3,5” Klinke zu USB-Kabel. Das Kabel ist zwar ausreichend lang bemessen, in Zeiten von Wireless Controllern und auch Gitarrenfunktechnik nervt das Anstecken aber doch. Na gut, Funk wäre wohl zu teuer gewesen und hätte Probleme mit der fürs Spielgefühl extrem wichtigen Latenz gamacht.
Das Spiel muss ja das pure Gitarrensignal erhalten und dann in Quasi-Echtzeit Verstärker und Effekte berechnen. Dies sollte unter 10 Millisekunden passieren, ansonsten ist eine Verzögerung spürbar. Die neue Version von Rocksmith leistet hier auf der getesteten PS3 einen eindrucksvollen Job – es sind keinerlei Verzögerungen spürbar!
Erster Eindruck
Wie bei Konsolen heutzutage leider üblich, beginnt der Spielstart erstmal mit den Updates – die bisher jedoch mit 60 MB relativ glimpflich ausfallen. Für den Online-Multiplayermodus muss man sich registrieren. Danach sind ein paar einfache Fragen zu beantworten, um entsprechend eingestuft zu werden. Zur Verfügung stehen Rhythm-, Bass- und natürlich die begehrte Leadgitarre.
Was gleich auffällt: Der Sound des virtuellen Amps klingt tatsächlich sehr gut, nach erstem Eindruck würde ich sagen: definitiv auf professionellem GarageBand/AmpliTube Niveau. Respekt!
Negativ fällt leider auf, dass die Anzeige komplett ungewohnt ist und auch noch einmal eine verdrehte Tabulatur-Ansicht hat -> was haben sie sich dabei gedacht? Gerade zum Gitarren lernen ist die normale Ansicht der Tabulaturen wichtig, um sich später auch im Online-Tabulaturen-Himmel zurechtzufinden. Denn echte Noten lesen können Rocker sowieso nicht …
Der Einstieg fällt sehr schwer, es ist absolut nicht klar, was zu tun ist – und die vielen Zahlen verwirren zusätzlich, da zwei Griffbretter erscheinen: horizontal sieht man, was man aktuell spielt – und vertikal scrollen die zukünftig zu spielenden Noten auf einen zu. Zu allem Überfluss haben die Saiten bei Rocksmith bestimmte Farben, an die man sich erst einmal gewöhnen muss (im Gegensatz zu Jimi Hendrix sieht ja nicht jeder die Töne automatisch als Farben vor sich – und so bunt wie bei Guitar Hero ist eine normale Gitarre ja auch nicht!) :)
Wie andere Selbstversuche im Netz zeigen, kann es aber durchaus Wert sein, sich mit dem System von Rocksmith auseinanderzusetzen, um echten Fortschritt zu erzielen. Nun, also werde ich genau das probieren – und gegen meine Intuition ankämpfen, das Spiel nach 5 Minuten in die Ecke zu schmeißen. Eine Hürde ist hierbei die dynamische Schwierigkeit, die es mir nicht erlaubt, einen Song sofort auf mittel oder schwer zu lernen, sondern ich muss mich zuerst einmal mit einer Kindergarten-Version der Songs abgeben, auch wenn ich das Lied schon auf der echten Gitarre beherrsche. So werden schlecht gespielte Passagen immer vereinfacht, was es langweilig macht – besser wäre, das Niveau auswählbar zu mach und sich daran hocharbeiten zu können.
Denn so funktioniert jedes Training – durch gezielte Überforderung. Ob große Muckis oder das fein-motorische Muskelgedächtnis in den Fingern. In dem Rocksmith-Modus hat man das Gefühl, man bleibt immer in der Mitte. Sehnsüchtig denkt man da etwa an den Expert-Modus von Guitar Hero zurück, der einen Wochen lang motiviert hat! (wer kennt nicht Through the Fire and Flames) :)
Spielgefühl
Die Akkord- und Notenerkennung ist sehr gut; was etwas nervt, sind die unterschiedlichen Stimmungen so vieler Songs – oft nicht nur einfach einen Halbtonschritt tiefer gestimmt, sondern viele Studioaufnahmen sind in leicht höheren oder tieferen Stimmungen. Gut, das gefällt mir auch auf der echten Gitarre nicht, ist also sehr realistisch (Roadie, bitte mal stimmen!).
Zur Motivation gibt es viel Material zum Freischalten – Inlays, Sticker, Trophäen, Effektgeräte – wer es braucht, bitte. Mir reicht es, die Songs zu spielen und Spaß zu haben! Hierfür eignet sich der neue Session-Modus sehr gut, in dem man einfach mal drauflos-jammen kann und der Computer einen auf Bass, Drums etc. begleitet. Das macht Spaß, wer braucht da noch einen kommerziellen Amp-Simulator? :)
Problematisch ist die eigenwillige Darstellung – warum, zum Teufel, hält man sich nicht an die seit der Steinzeit der Gitarre etablierten Tabulatur-Form? Warum erfindet man eigene Icons und Farben? Sobald man diese beherrscht, muss man sie ja doch lernen – man kann ja nicht nur Rocksmith spielen, man will ja auch mal raus in die echte Welt. Sehr irritierend ist, dass immer nur eine Zeile für alle Saiten dargestellt wird, mit verschiedenen Farben für die zu spielenden Saiten. In einer echten Tabulatur gibt es keine Farben, sondern eine Zeile pro Saite.
Fazit
Fast daneben ist auch vorbei.
Leider habe ich den Selbstversuch mit Rocksmith sehr bald abgebrochen, da kein Spaß und kein Spielerfolg aufkommen wollte. Es scheint leichter, die Lieder echt zu lernen, als das Rocksmith-System. Party-Spiel ist es definitiv auch keines, dafür ist das Thema – trotz aller Spieleaufmachung – viel zu ernst. Allerdings hat es in mir die Lust geweckt, wieder mehr Gitarre zu spielen und zu lernen. Nur eben in echt – soviel muss man Rocksmith schon anrechnen.
Insgesamt sehr schade, denn die Idee hat generell echt Potential – die Tonerkennung ist sehr gut, die Liedauswahl gelungen und die Aufmachung nicht schlecht. Wenn der Schwierigkeitsgrad noch einzustellen wäre und man die Anzeige auf normale Gitarrentabulatur umstellen könnte, dann wäre es ein echter Hit. Bis dahin spiele ich lieber ohne Rocksmith und lasse mich dabei von YouTube-Videos inspirieren. Und jetzt: Excuse me while I kiss the sky! :)