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God of War – Test

Publisher: Sony Interactive Entertainment
Release Date: 20.04.2018
Plattformen: PS4

Manchmal dauert es eben etwas länger: Die Geschichte rund um Kriegsgott Kratos endete für uns vor acht Jahren mit God of War 3. Alle weiteren Titel der Serie waren Prequels, Spin-offs, Collections oder Neuauflagen. Doch jetzt ist die Durststrecke beendet: Das schlicht God of War benannte PlayStation-4-Spiel ist eine Fortsetzung, die in vielerlei Hinsicht mit den Konventionen der Vorgänger bricht und eines der ausgefeiltesten Spielerlebnisse der Neuzeit abliefert.

Wir erfahren nicht, wie es Kratos nach dem kräftezehrenden Kampf am Ende von God of War 3 gegen Zeus erging und wie oder warum er ins nordische Midgard gezogen ist. Stattdessen begleitet das Spiel einen gealterten Mann, der gemeinsam mit seinem jungen Sohn die Asche der just verstorbenen Ehefrau auf dem höchsten Berggipfel in alle Winde verstreuen will. Es sei ihr letzter Wunsch gewesen.

Trauer und Wut

Mehr Details über die Geschichte werdet ihr in dieser Kritik nicht zu lesen bekommen, mit Ausnahme eines Namens: Atreus. So heißt der Junge, der seinem Vater auf der beschwerlichen Reise begleitet und tatkräftig zur Seite steht. Obwohl das Anliegen der verstorbenen Frau simpel erscheint, entpuppt es sich als eine epische Reise, die euch durch zahlreiche sowie sehr unterschiedliche Gebiete schickt. Auf dem Weg begegnet ihr nicht nur angriffslustigen Schurken, Monstern und Kreaturen, sondern auch dem einen oder anderen hilfreichen Gesellen.

Der Tonfall der Geschichte ist im Vergleich zu den Vorgängern völlig anders. Das liegt einerseits am offensichtlichen Szenariowechsel, weshalb ihr nicht durch das alte, verruchte Griechenland wandelt, sondern durch die kalten Gebiete der nordischen Mythologie. Andererseits geht es nicht um blinde oder gar stupide Rachemotive: Die Reise birgt eine überraschende Tiefe, die gleichermaßen Wut, Ehre und Demut behandelt. Neben den zahlreichen Konflikten, die Kratos und seinem Sohn bevorstehen, ist es insbesondere die Beziehung zwischen den beiden, die God of War zu etwas Besonderem machen.

Ein ungewohntes Vater-Sohn-Verhältnis

Atreus ist ein typischer Junge seines Alters, der mit seiner derzeitigen Situation überfordert ist. Seine Mutter ist gerade gestorben und sein Vater ein alter Mann, dem es sichtlich Schwierigkeiten bereitet, mit ihm eine emotionale Bindung aufzubauen. Mehrmals wird angedeutet, dass die Mutter den Großteil der Erziehung übernommen hat, während Kratos oft unterwegs war. Deshalb müssen die beiden sich in vielerlei Hinsicht erst einmal richtig kennenlernen.

Wir beschreiben dies deshalb so ausführlich, weil die Autoren rund um Director Cory Barlog eine unglaublich gute und vor allem authentisch wirkende Beziehung zweier Ausnahmecharaktere veranschaulichen. Kratos und Atreus durchleben im Laufe des Abenteuers zahlreiche Gefühlsstadien, die allesamt funktionieren.

Vor allem der Junge wirkt von vorne bis hinten real, was abseits der vortrefflich geschriebenen Dialoge auch an Kleinigkeiten zu erkennen ist. Wenn ihr euch beispielsweise in einem Gebiet festbeißt, weil ihr unbedingt irgendein Versteck erkunden oder ein Rätsel lösen wollt, dann bekommt ihr irgendwann ein leicht genervtes “Sind wir jetzt endlich fertig?“ von der Seite zu hören. Wohlgemerkt sind diese Einzeiler so perfekt dosiert, dass sie den Spielfluss niemals stören. Sie tragen einfach zu einer fantastischen Atmosphäre bei.

Es gibt nur zwei Kleinigkeiten, die meiner Meinung nach besser sein könnten: Zum einen verlassen sich die Überraschungen, die den Spieler erwarten, zu sehr auf das Einwerfen irgendwelcher berühmter Götternamen. Ohne zu viel zu verraten: Ihr erfahrt erst im Laufe des Spiels die Herkunft mancher Charaktere und wie sie eigentlich heißen. Gleichwohl diese Erkenntnisse nicht stören, sie wirken immer etwas verkrampft und zu sehr mit dem Brecheisen implementiert.

Der andere Punkt ist minimal schwerwiegender und erneut müssen wir uns auf Andeutungen beschränken. Deshalb nur so viel: Im letzten Drittel der Geschichte gibt es eine Phase, in der sich der Plot gestreckt anfühlt oder besser gesagt zu sehr auf der Stelle tritt. Gleichzeitig müsst ihr wiederholt Orte besuchen, die ihr mental eigentlich abgeschlossen hattet. Allerdings handelt es sich dabei nicht um klassisches Backtracking. Zwar müsst ihr auch mal den einen oder anderen bereits bekannten Weg erneut beschreiten, doch halten sich diese Passagen in Grenzen.

Weniger riesig, mehr vielschichtig

Auch in spielerischer Hinsicht müssen Fans der alten God-of-War-Spiele umdenken, jedoch weniger als vermutlich von vielen befürchtet. Wir verraten vorneweg die größte “Enttäuschung“, die uns aufgefallen ist: Die Endgegner sind vergleichsweise klein. Zwar dürft ihr beispielsweise massig Trolle bekämpfen, die euch ihre fetten Steinwaffen um die Ohren schlagen. Doch sind sie doppelt, vielleicht dreimal so groß wie Kratos selbst. Solch riesige Hünen wie die Titanen aus God of War 3 gibt es diesmal nicht.

Aber das ist letztlich nicht weiter schlimm, weil das neue Kampfsystem hervorragend gestaltet ist und Spaß macht. Es erinnert an eine Mischung aus dem alten God of War und Action-Rollenspielen der Marke Dark Souls. Wie früher metzelt ihr eure Gegner in hoher Geschwindigkeit sowie mit kolossalen Manövern und reiht eine Kombination an die andere. Gleichzeitig zieht euch die Schulterperspektive direkter ins Geschehen und eine Handvoll Rollenspielelemente erweitern die Spieltiefe.

Deshalb könnt ihr eure Rüstung beim Schmied verbessern und euch mit Runen sowie Zaubern ausstatten. Keine Bange: Sie gewähren euch entweder einen passiven Bonus oder eine Spezialfähigkeit, die “nur“ eine bestimmte Aufladezeit zur erneuten Nutzung benötigt. Ihr müsst euch also nicht mit Magiepunkten oder dergleichen auseinandersetzen.

Dafür erhaltet ihr fleißig Erfahrungspunkte, mit denen ihr neue Schlagmanöver freischaltet. Das System dahinter ist komplex genug, um die Serie sinnvoll zu erweitern. Es hält sich jedoch in Grenzen, um Fans reiner Actiontitel nicht abzuschrecken. Einzig die schiere Masse an Runen und Zaubern, die in all den Gebieten verstreut sind, kann leicht überfordern – allein deshalb, weil man letztlich mit halb so vielen durch das Spiel kommen würde.

Eine Welt voller Designglanzstücke

Nahezu grandios ist das Spiel- und Leveldesign, das stark in Richtung von Nintendos Metroid oder The Legend of Zelda schielt. Anfangs seid ihr noch auf einem linearen Kurs unterwegs, auch wenn ihr bereits dort einige Sackgassen mit geheimen Truhen und kleinen, optionalen Rätseln entdeckt. Nach ein paar Spielstunden steht euch ein zentrales Gebiet zur Verfügung, zu dem ihr immer wieder zurückkehrt und das sich stets erweitert – weil sich die Umgebung ändert oder ihr neue Fähigkeiten erlernt.

Diese Fähigkeiten beziehen sich vor allem auf Atreus, der euch mit seinen Bogenkünsten eine große Hilfe ist und eure Gegner beispielsweise ablenken kann. Seine Waffe erhält im Laufe des Spieles immer mehr Kräfte, mit denen ihr spezielle Hindernisse aus dem Weg räumt und somit die euch zur Verfügung stehende Spielwelt erweitert.

Gegen Ende teilt sich das Spiel regelrecht in zwei Hälften: Die eine behandelt den Abschluss der Geschichte und ist relativ geradlinig sowie sehr actionlastig. Die andere bietet euch eine abenteuerliche Wiese voller Geheimnisse, unentdeckter Orte und Objekte zum Sammeln, womit sich die ohnehin schon stattliche Spielzeit von über 20 Stunden locker verdoppelt oder gar verdreifacht. Wohlgemerkt: God of War ist kein Open-World-Titel! Die Welt besteht vielmehr aus klassischen, hochwertig designten Levelstücken, die grandios miteinander verwoben und ineinander verzahnt sind.

Die Qualität der Rätsel erinnert sehr an die Vorgänger, weil sie genau wie damals perfekt den moderaten Schwierigkeitsgrad treffen. Ihr müsst definitiv überlegen und bekommt nicht wie so in vielen anderen modernen Spielen alles per Wegmarkierung vorgekaut. Aber sämtliche Pflichträtsel, die ihr zum Absolvieren der Geschichte lösen müsst, sind mit genau der richtigen Portion Geduld und Ruhe lösbar.

Die einzige kleine Schwäche, die uns beim Spieldesign aufgefallen ist, betrifft erneut die Endgegner: Die sind zwar zahlreich vorhanden und machen durch die Bank Laune, könnten jedoch abwechslungsreicher sein. Die Paradebeispiele in dieser Hinsicht sind die bereits erwähnten Trolle, die sich eher optisch als spielerisch voneinander unterscheiden.

Vorzeigetechnik

Bei all den Stärken dürfte es niemanden verwundern, dass auch die Präsentation mächtig gut ist. Rein aus technischer Hinsicht begeistert vor allem der Aus-einem-Guss-Faktor, sprich: Es gibt keinen Schnitt oder Ladebildschirm. Die Kamera fährt gemeinsam mit dem Spieler rauf und runter, vor und zurück, hin und her. In ganz seltenen Fällen ruckelt das Spiel für ein paar Sekunden, vermutlich, weil die PlayStation 4 nicht mit dem Streamen der Daten nachkommt. Aber wir reden hier von vielleicht einmal Ruckeln alle zehn Spielstunden.

Der einzige Award, den wir denkbar knapp vergeben, ist der für den Sound. Die Musik von Bear McCreary ist phasenweise so unterschwellig, dass ihr sie gar nicht wahrnehmt – was ein enormer Bruch gegenüber den wuchtig-orchestralen Themen der Vorgänger ist. Doch ganz nach dem Motto “Weniger ist manchmal mehr“ wird der dezente Ansatz auf lange Sicht belohnt, weil die Musik in den Momenten, in denen sie auffällt, eine enorme und eindringliche Wirkung hat.

Abschließend sprechen wir ein riesengroßes Lob für die herausragende deutsche Sprachausgabe aus, die maßgeblich zur authentischen Darstellung von Kratos und Atreus beiträgt und bis in die kleinste Rolle perfekt besetzt ist.

Fazit

In den letzten Jahren bin ich mehr und mehr immun gegen den Hype groß produzierter Spiele geworden und spürte selbst bei universellen Klassikern wie The Witcher 3 oder Breath of the Wild nie die gleiche Faszination wie die meisten anderen. Bezüglich God of War konnte mich gar nur der allererste Teil richtig überzeugen, während mir sämtliche Fortsetzungen zu sehr nach “größer, schöner, weiter“ rochen.

Aus dem Grund war meine Vorfreude über das neue God of War relativ verhalten – doch, bei Gott, was hat mich dieser Ritt erschlagen! Nahezu alle spielerischen Aspekte, egal ob das Kämpfen, die Rätsel oder das Erforschen, greifen wie bei einem The Legend of Zelda perfekt ineinander und bilden ein prächtiges Gesamtpaket, das mich weit über die eigentliche Geschichte hinweg fesselt. Allein die Mischung aus linearem Storyweg und optionalen Gebieten ist meisterhaft.

Überhaupt: Diese Geschichte! Rein auf den Plot geschaut bietet das neue God of War die üblichen Wendungen und Überraschungen, die sich für meine Begriffe zu sehr auf das Einwerfen großer Götternamen verlassen. Doch die wahre Stärke liegt in der phänomenal geschriebenen Beziehung zwischen Kratos und Atreus. Der Junge ist neugierig, nervig, aufmüpfig, mutig, ängstlich, selbstbewusst, unsicher – einfach alles auf einmal und immer so, dass es genau passt. Und auch Kratos, der mich in God of War 2 mit seiner Großkotzigkeit fast schon angewidert hatte, ist endlich ein Charakter mit Tiefe. Er hat wohlgemerkt seine ehemaligen Taten nicht vergessen und ist bei seinem harschen wie zugleich väterlichen Umgang mit seinem Sohn sichtlich zerrissen.

Mir gefällt ungemein, dass mein eigentliches Ziel etwas sehr Schlichtes und sehr Demütiges ist. Das ist jedenfalls für mich die größte Überraschung von allen: Die Story von God of War ist weit mehr als ein Mittel zum Zweck und gehört in puncto Umsetzung zum Besten, was ich von Spielen dieser Art gewohnt bin.

Für die sicherlich bereits geplante Fortsetzung sollte Cory Barlog höchstens die Größe der Endgegner wieder nach oben schrauben und in meinen Augen alles andere so belassen wie in diesem neuen God of War – dem meiner bescheidenen Meinung nach besten Teil der gesamten Serie.

GamersChoice Wertung
  • Handlung
  • Grafik
  • Sound
  • Gameplay
  • Motivation
4.8

Fazit

Das neue God of War ist das wohl beste Spiel der Reihe! Einer der besten Storys in der Videospielgeschichte erwartet euch!

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